Entspannungsphasen

Wenn die Schüler im Unterricht unruhig werden, sich nicht mehr konzentrieren, dann können u. a. Entspannungsphasen helfen.
Unter Entspannungsphasen verstehen wir kurzzeitige Unterbrechungen des Unterrichts mit einer Dauer von ca. drei bis fünf Minuten. Dabei werden Bewegungsaktivitäten durchgeführt, welche die Gedanken auf Personen, Gegenstände, geistig vorgestellte Phänomene oder den eigenen Körper lenken.
Der Körper kann sich so von Anstrengungen und Stress erholen.

Bewegungsideen

Kennenlern- und Kontaktspiele

Beim Schulanfang, beim Schulwechsel und in einigen Fällen auch am Anfang der 5. / 7. Klasse kommen die Kinder in eine für sie neue Klasse oder Gruppe. Die meisten fühlen sich dann unsicher oder haben auch Angst vor dem Fremden, da sie niemanden kennen. Wird man in so einer Situation jedoch mit Namen angesprochen bzw. kann seine Mitschüler selbst beim Namen nennen, so verliert das Fremde seinen Schrecken. Kennlern- bzw. Kontaktspiele tragen dazu bei, die Ängste der Schüler abzubauen. Dazu gehört jedoch nicht nur das Kennenlernen der einzelnen Namen, sondern auch das Erkennen von Unterschieden zwischen den Schülern. Die Spiele kann man in verschiedene Gruppen einteilen.

Kennlernspiele
Spiele zu Kennenlernen der Namen

Namensball
Die Kinder stehen im Kreis und werfen sich einen Softball/Wollknäuel/Knüllpapier o. Ä. zu (später auch mehrere Bälle).

Varianten:

  • Anfang 1. Klasse: Die Kinder nennen beim Werfen ihren eigenen Namen, später den Namen des Kindes, dem der Ball zugeworfen wird.
  • ältere Schüler: Die Schüler nennen die eigene Adresse, den eigenen Geburtstag bzw. die des angespielten Schülers.

Ich bin …
Ein Kind nennt seinen Namen und macht eine Bewegung vor. Der Nächste wiederholt jeweils den Namen und die Bewegung aller vorangegangenen Schüler und schließt seinen eigenen Namen und eine Bewegung an.

Spiele zum Erkennen der Unterschiede

Platzwechsel
Die Klasse bildet einen Kreis und nach Aufforderung des Spielleiters wechseln alle Kinder die Plätze, die:

  • blonde Haare haben
  • im Monat … Geburtstag haben
  • einen Bruder/Schwester haben
  • gern zeichnen, Sport treiben …
  • südlich der Schule wohnen
  • u. a.

Wer ist wer?
Es finden sich etwa fünf Kinder zusammen. Einem Kind werden die Augen verbunden und es soll durch Abtasten des Kopfes, der Arme und der Beine erkennen, wer gerade vor ihm steht.

Kontaktspiele
Spiele mit Körperberührung

Denkmal bauen
Der „Bildhauer“ versucht, einen oder mehrere Mitschüler in eine denkmalähnliche Position zu bringen, z. B. Sportler (Boxer, Fußballspieler, Gewichtheber), Seiltänzer, Sängergruppe, Tanzpaar.

Variante:

  • Der Bildhauer schließt die Augen.

Begrüßung
Die Kinder gehen durch den Raum. Auf ein vereinbartes Zeichen (Klatschen, Musikende u. a.) begrüßen sie sich paarweise durch Körperkontakt (Händedruck, gegen die Handflächen des Partners klatschen, am Ohr zupfen u. a.) und nennen dabei den Namen des Partners.

Variante:

  • Begrüßung in einer Fremdsprache.
Vertrauensspiele

Vorsicht Hindernisse!
Ein Schüler schließt die Augen und wird von seinem Partner durch Körperkontakt (Handfassung u. a.) um Tische und Stühle sowie um andere Hindernisse geführt.

Steifer Mann
Mehrere Schüler stehen im Kreis, ein Kind in der Mitte. Der Schüler in der Mitte macht sich ganz steif und lässt sich nach vorn, nach hinten, zur Seite fallen. Die Mitspieler fangen es behutsam auf.

Entspannende Spiele

Gegen Unruhe und Nervosität helfen auch entspannende Spiele. Den Schülern fällt es immer schwerer ruhig zu sitzen, nicht zu sprechen. Deshalb müssen die Kinder an Ruhe und Entspannung herangeführt werden. Entspannung bewirkt eine Verbesserung der körperlichen und geistigen Verfassung (z. B. Regulation der Atmung und des Kreislaufs). Man hat das Gefühl, erholt zu sein.
Entspannende Spiele sind Spielformen, die sich durch einen Wechsel zwischen Bewegung und Ruhe oder das Hinübergleiten von Bewegung in Ruhe auszeichnen.

Spiele mit der Ruhe
Spiele mit Wechsel zwischen Ruhe und Bewegung

Zeitraffer – Zeitlupe
Einzeln oder zu zweit werden pantomimisch Sportarten „fotografiert“. Doch die „Filmkamera“ ist kaputt. Die Bewegungen laufen im Wechsel ganz schnell und dann als Zeitlupe ab.

Auf der Straße
Pantomimisch spielen Kleingruppen im Wechsel Menschen nach, denen sie auf der Straße begegnen könnten: Menschen, die nach dem Bus laufen, sich geruhsam Schaufenster ansehen, hastig durch die Straßen eilen, mit einem Eis durch die Stadt bummeln oder einen Kellner, einen Ladendieb, einen Spion usw.

Spiele, die von Ruhe in Bewegung übergehen

Eisenbahn
Die Klasse bildet mehrere kleine Züge, die sich durch den Raum bewegen. Sie spielen einen „Schnellzug“, „Bummelzug“ u. a. Am Ende fahren die Züge in den Bahnhof ein und alle Räder stehen still.

Suchspiel
Während die Klasse mit dem Blick zur Wand steht, „versteckt“ der Spielleiter einen abgesprochenen Gegenstand sichtbar. Anschließend gehen die Kinder mit den Händen auf dem Rücken schweigend durch den Raum. Wer den Gegenstand sieht, setzt sich auf seinen Platz.

Ruhige Spiele

Stille Post
Alle Mitspieler stehen oder sitzen im Kreis. Einer beginnt und flüstert seinem rechten Nachbarn ein geheimes Wort/einen geheimen Satz ins Ohr, den dieser ebenso flüsternd weitergibt. Wenn das Wort im Kreis herumgewandert ist, wird es laut genannt und mit dem Ausgangswort verglichen.

Telegrafieren
Durch die Bankreihen wird von hinten nach vorn ein Buchstabe/Wort/Zahl/Zeichen telegrafiert, indem es dem Vordermann auf den Rücken gemalt oder geschrieben wird. Dabei darf nicht gesprochen werden. Ist das Telegramm vorn angekommen, wird es mit dem ursprünglich abgesandten verglichen.

Konzentrationsspiele
Konzentrationsspiele

Wo ist es?
Ein Schüler wird kurz aus dem Raum geschickt. Alle anderen Schüler bewegen sich frei im Raum, wobei ihre Hände hinter dem Rücken verschränkt sind. Die Lehrkraft gibt zwei Schülern z. B. eine Filmdose mit Reis in die Hand. Der Schüler kommt wieder in den Raum und hört, welche Schüler eine Filmdose haben. Alle Schüler bewegen sich.

Der Spiegel
Die Schüler gehen in Zweiergruppen zusammen. Einer ist der „Spiegel“ und muss spiegelbildlich den Bewegungen seines Partners folgen.
Diese Übung kann erschwert werden, indem die Schüler noch zusätzlich einen Luftballon bewegen, der nicht auf den Boden fallen darf.

Bewegungskette
Alle Schüler stehen im Kreis. Einer beginnt und gibt eine Bewegung (z. B. in die Hocke gehen) vor. Der rechte Nachbar wiederholt nun diese Bewegung und fügt eine weitere hinzu.

Entspannungsübungen

Bei Entspannungsübungen wird die Aufmerksamkeit auf den eigenen Körper gelenkt. Durch den Aufbau von Vertrauen gegenüber dem Partner (z. B. bei Massageformen) können Freude empfunden und Ängste abgebaut werden. Die Schüler lernen ein Gefühl der Ruhe und Gelassenheit zu empfinden. Entspannung kann über Bewegungsübungen, aber auch über mentale Übungen erreicht werden.

Bewegungsübungen
Atemübungen

Sie sind Bestandteile vieler Entspannungsübungen, können aber auch separat eingesetzt werden. Eine Entspannung wird oft schon dadurch bewirkt, dass bewusst auf die eigene Atmung geachtet wird. Bei Stress und Anspannung ist die Atmung flach und hastig, Atemübungen dagegen vergrößern die Atemtiefe. Man atmet langsamer und entspannter.

Die normale Atmung
aufrechte, bequeme Körperhaltung einnehmen, Augen schließen

Atemtechnik:

  • Mund geschlossen halten und durch die Nase atmen
  • nach ein paar Atemzügen den Kopf leicht senken und weiteratmen

Variationen:

  • gezielt auf die Atmung achten
  • beim Einatmen „OM“, beim Ausatmen „HA“ denken

Atmen mit verlängerter Ausatmung
Körperhaltung s. o.

Atemtechnik:

  • durch die Nase einatmen und durch den Mund etwas länger als normal ausatmen

Variationen:

  • maximal viermal wiederholen
  • summen oder zischen beim Ausatmen
  • während des Ausatmens einen der Vokale (a, e, i, o, u) sprechen
Anspannung und Entspannung/PMR

Eine intensive Entspannung wird hierbei vor allem durch Muskelkontraktionen erreicht, bei denen die angespannte Position für einige Zeit gehalten wird.

Nacheinander werden einzelne Muskelgruppen angespannt und wieder entspannt. Die Spannung in den Körperpartien wird langsam aufgebaut, 5-7 Sekunden lang gehalten und wieder abgebaut. Danach konzentriert man sich auf das Gefühl der Entspannung in der Muskulatur (ca. 15 Sekunden).
Nacken-, Schulter- und Wadenmuskulatur neigen durch langes Sitzen und Stress verstärkt zu Verspannungen und sollten deshalb bevorzugt für diese Übung herangezogen werden.

Beispiel:

  • Durchführung im Sitzen oder im Stehen; Augen sind geschlossen
  • Körperteile der Reihe nach anspannen und wieder entspannen (Muskelgruppen, Anzahl und Reihenfolge können verändert werden)

Körperteil
→ anspannen

Schultern
→ Schulterblätter zur Wirbelsäule hin ziehen

Waden
→ anspannen und mit den Fersen gegen den Boden drücken

Hände
→ Fäuste ballen

Oberarme
→ beide Oberarme gegen den Brustkorb drücken

Rumpf
→ Bauch einziehen und die untere Rückenmuskulatur anspannen

Massageformen

Wenn größere Körperpartien massiert werden sollen, beginnt man immer an einem herzfernen Punkt und massiert zum Herzen hin. Diese Reihenfolge unterstützt den Transport des Blutes zum Herzen.

Ohrmassage
Ohrmuscheln mit Daumen und Zeigefinger massieren

Gesichtsmassage
Mittel- und Zeigefinger der rechten Hand drücken von rechts gegen die Nasenwurzel, Mittel- und Zeigefinger der linken Hand drücken von links, Finger gleichzeitig nach oben schieben und auf den Augenbrauen nach außen streichen

Massage mit dem Massageball (Igel-/Noppenball) oder einem Tennisball
Ball selbst über Nacken, Kopf, oder Arme bewegen
zur Massage des Rückens paarweise arbeiten

Mentale Entspannungsübungen
Mentale Entspannungsübungen

Hier sollen die Schüler über geistige Übungen Ruhe und Entspannung finden. Ihre Vorstellungskraft und Fantasie werden angeregt.

Auf Geräusche hören
Die Schüler legen sich in einer Entlastungshaltung auf die Schreibplatte, schließen die Augen und hören:

  • auf leise Musik
  • auf Geräusche im Schulhaus oder bei geöffneten Fenstern auf Geräusche im Freien (Vogelstimmen, Wind, Fahrzeuge)
  • auf vom Lehrer erzeugte leise Geräusche (ein Glöckchen, mit Papier rascheln)

Sich gleichmäßige und langsame Geräusche vorstellen

  • eine Eieruhr
  • eine sehr langsame Rolltreppe
  • ein großes Uhrenpendel
  • einen kleinen Bach

Phantasiegeschichten

Medien

  • Müller, Chr. (2022). Bewegte Grundschule. Baden-Baden: Academia, S. 149-187.
  • Müller, Chr. & Petzold, R. (2014). Bewegte Schule. St. Augustin: Academia, S. 124-164.